Berlin (ots) –
In den letzten Wochen verteilten Ordnungsbehörden in Nordrhein-Westfalen bei Kontrollen in Geschäften für E-Zigaretten und deren Nachfüllflüssigkeiten ein Merkblatt des Landesministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Neben vielen guten und richtigen Hinweisen zur Rechtslage fordert das Merkblatt an einer markanten Stelle den Handel jedoch in Form einer absurden Rechtsmeinung unterm Strich zum offenen Rechtsbruch zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher auf.
Das Merkblatt, welches uns im Volltext vorliegt, behauptet unter Ignoranz der tatsächlichen Rechtslage unter Punkt 6, es gäbe eine gesetzliche Vorgabe, welche verbietet den angebotenen Geschmack anzugeben, nur die chemischen Inhaltsstoffe wären zulässig.
Nachfüllflüssigkeiten für E-Zigaretten werden mit Lebensmittelaromen aromatisiert, diese bestehen üblicherweise aus mehreren Dutzenden chemischen Einzelkomponenten. Spezifische Geschmacksrichtungen wie Erdbeere oder Tabak können dabei je Produkt aus sehr unterschiedlichen Komponenten bestehen, den einen Weg zu einem Aroma gibt es schlicht nicht. Für Verbraucherinnen und Verbraucher sind rein chemischen Angaben aus Sicht des Verbraucherschutzes entsprechend kontraproduktiv. Sie sind allenfalls eine Ergänzung als Hilfe für eine informierten Kaufentscheidung.
Überträgt man diese Auffassung auf beispielsweise Flüssigkeitsbehälter im Supermarkt könnten Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr erkennen, ob sie grade Limonade, Wodka, Orangensaft, oder Weichspüler in der Hand haben. Der Vergleich zeigt: natürlich müssen Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, was sie erwerben. Ohne Angaben zum Geschmack ist dies jedoch gänzlich unmöglich. Dies gilt insbesondere deswegen, weil bei Konsumprodukten wie Nachfüllflüssigkeiten der Geschmack das zentrale Unterscheidungskriterium für die Kaufentscheidung darstellt.
Diesen praktischen Erfordernissen ist der Gesetzgeber selbstverständlich auch in der Regulierung gerecht geworden. Im einschlägigen §18 Tabakerzeugnisgesetz existieren entsprechende Verbote richtigerweise für Tabakprodukte wie Zigaretten oder Drehtabak, Nachfüllflüssigkeiten für E-Zigaretten sind dabei jedoch explizit und völlig unmissverständlich in Abs. 4 ausgenommen.
In Anbetracht der absolut eindeutigen und unstrittigen Rechtslage und der auch bereits bei oberflächlicher Betrachtung offensichtlichen Absurdität, gehen wir nicht von einem Versehen aus. Hier versuchen offenbar einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen einer Landesbehörde geltendes Bundes- und EU-Recht zu unterlaufen und rechtswidrig irgendeine Form von abstruser Agenda zu verwirklichen. Das eigentlich für den Verbraucherschutz zuständige Landesministerium wirkt damit aktiv in höchst schädlicher Weise auf den Verbraucherschutz negativ ein.
Der gesamte Sachverhalt erinnert an Vorkommnisse in NRW im Jahr 2012 um die damalige Landesministerin Steffens. Dabei kam es auf Basis einer herbeifantasierten Selbstermächtigung zu massivsten Rechtsbrüchen zum Nachteil von Handel und Verbraucherinnen und Verbrauchern im Bereich der E-Zigarette, denen das OVG Münster schlussendlich einen Riegel vorschieben musste.
Auch für den aktuellen Fall schließen wir als Vertretung der Verbraucherinnen und Verbraucher den Rechtsweg explizit nicht aus.
Wir fordern die zuständige Ministerin Silke Gorißen auf, dass sie nachhaltig Sorge dafür trägt, dass
– das entsprechende Merkblatt korrigiert wird, sodass es wieder die tatsächliche Rechtslage abbildet.
– ausnahmslos jeder Marktteilnehmer, der das falsche Merkblatt erhalten hat, behördlich proaktiv über die Korrektur informiert wird.
– Transparenz darüber hergestellt wird, welche Stelle diesen eindeutig vorsätzlichen Versuch, geltendes Recht zu unterlaufen, zu verantworten hat.
– Maßnahmen getroffen werden, um zukünftig derartige Vorfälle zu vermeiden und diese auch publik zu machen.
– dafür verantwortliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der gebotenen Härte disziplinarrechtlich belangt werden.
Pressemitteilung auf unserer Verbandsseite: https://bvra.info/aktuell/ministerium-draengt-handel-zur-verbrauchertaeuschung/
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Quelle: ots