Hamburg (ots) –
Die Geschäftsführung einer der größten Klinikketten für Schönheitseingriffe in Deutschland, M1 Med Beauty, drängt ihre Ärztinnen und Ärzte offenbar dazu, Druck auf Patientinnen und Patienten auszuüben, um sie zu teuren Behandlungen zu bewegen. Das legen interne Chatprotokolle des Unternehmens nahe, die dem ARD-Magazin „Reschke Fernsehen“ (NDR) vorliegen.
In den Chats zwischen Geschäftsführung und angestellten Ärzt*innen schreibt ein Mitarbeiter: „Ich denke wir alle versuchen und sollen auch versuchen die teureren Produkte zu verkaufen. […] Das (sic!) der Verkauf der teuren Produkte natürlich einen gewissen Push voraussetzt ist klar …“ Im weiteren Verlauf der Nachricht beschreibt der Arzt die „Strategie“: „Mit Hilfe einer kompetenten und selbstbewussten Beratung […] kann der Patient gut in die Entscheidung eingebunden werden (die man als Arzt unterbewusst schon für den Patienten getroffen hat), aber der Patient hat das Gefühl selber entschieden zu haben.“ Geschäftsführer Attila Strauss gibt im Chat mit einem Daumen nach oben seine Zustimmung zur Nachricht. Auf Nachfrage teilte Strauss dem NDR mit, seine Zustimmung habe sich ausschließlich darauf bezogen, dass die Entscheidung „die volle Akzeptanz des Patienten“ haben müsse.
„Reschke Fernsehen“ liegt ein Arbeitsvertrag vor, aus dem hervorgeht, dass M1 offenbar mit einem Provisionssystem für behandelnde Ärztinnen und Ärzte arbeitet. Auf Nachfrage bestreitet M1 ein Provisionssystem, spricht stattdessen von „Umsatzbeteiligungen“. Regelmäßig veröffentlichte Geschäftsführer Strauss im vergangenen Jahr die Umsätze der erfolgreichsten Mitarbeitenden des Tages in Chatgruppen mit allen Ärztinnen und Ärzten.
M1 Med Beauty verkauft seine Schönheitseingriffe nach eigenen Aussagen verstärkt an junge Patient*innen zwischen 18 und 19 Jahren. Das Unternehmen betreibt weltweit mehr als 50 Filialen, in denen es u. a. minimalinvasive Behandlungen mit Hyaluron anbietet und mit besonders niedrigen Preisen bewirbt, z. B. Lippenaufspritzungen und Begradigungen von Nasen. Damit erwirtschaftete M1 im Jahr 2022 rund 285 Millionen Euro Umsatz.
Der Patientenschutz-Beauftragte der Deutschen Gesellschaft für ästhetische Botulinum- und Fillertherapie Dr. Klaus Hoffmann kritisiert Provisionsmodelle in der Schönheitsindustrie im Interview mit „Reschke Fernsehen“: „Da ist der Patient nicht mehr im Mittelpunkt, sondern Geld steht im Mittelpunkt. Das ist gerade in der Beauty-Industrie natürlich ein Riesenproblem, weil es immer mehr zunimmt.“
Die Recherche ist am Donnerstag, 16. November, in „Reschke Fernsehen“ unter dem Titel „Spritzenmäßige Geschäfte: junge Frauen beim Beautydoc“ zu sehen – ab 18.00 Uhr in der ARD Mediathek und um 23.35 Uhr im Ersten.
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