Düsseldorf (ots) –
– Umweltgerechtes, sozial verantwortliches und ethisches Handeln von Unternehmen hat in der Pandemie an Bedeutung gewonnen
– Nach einer aktuellen Lurse Studie spiegelt sich das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen noch nicht ausreichend in der Vergütung wider
Nachhaltigkeit im Unternehmen wird zur ökonomischen Notwendigkeit: Investoren, Kund:innen, Mitarbeitende und nicht zuletzt der Gesetzgeber verlangen von Unternehmen heute nachhaltiges Wirtschaften. Fragen der Umwelt, der sozialen Verantwortung und der Unternehmensführung – kurz „ESG“ für Environmental, Social und (Corporate) Governance – werden zunehmend zu wichtigen Faktoren der erfolgreichen Unternehmensführung. Aber welche Bedeutung haben diese Kriterien tatsächlich für Performance Management und Vergütung? Dieser Frage ist die Unternehmensberatung Lurse im Rahmen des aktuellen Benchmarks „Nachhaltiges Handeln von Geschäftsführungen und Vorständen“ nachgegangen.
„Man könnte meinen, Unternehmen seien in Zeiten der Pandemie mit anderem beschäftigt als mit dem Thema Nachhaltigkeit. Doch das Gegenteil ist der Fall“, sagt Birgit Horak, Managing Partner bei Lurse. „Gerade jetzt, da globale Lieferketten abbrechen und neue Formen der Zusammenarbeit erforderlich sind, ist es wichtig, Risiken für Mitarbeitende, Gesellschaft und Umwelt zu minimieren. In unsicheren Zeiten können langfristig angelegte, nachhaltige Unternehmensgrundsätze Orientierung und Stabilität geben.“
In der Tat sind fast zwei Drittel (63 %) der Studienteilnehmenden der Meinung, die Bedeutung von ESG-Themen habe in den letzten 2 bis 3 Jahren zugenommen und sei im Zuge der COVID-19-Pandemie größer denn je. Diese habe gezeigt, wie wichtig eine intakte Umwelt und der gesellschaftliche Zusammenhalt auch für die Wirtschaft sei. Corona habe neue Prioritäten gesetzt.
Nach den drei wichtigsten Gründen befragt, warum sie sich mit Nachhaltigkeitsfragen befassen, geben mehr als die Hälfte der Unternehmen (53 %) an, ein echtes Interesse daran zu haben, ganz unabhängig von Employer Branding oder Gewinn und Verlust. Für 39 % ist die Verminderung von Risiken für Umwelt, Mitarbeitende und Investitionen ein wesentliches Motiv. Ebenso vielen Unternehmen ist daran gelegen, den Erwartungen von Kund:innen und Geschäftspartner:innen gerecht zu werden. Etwa ein Viertel (26 %) setzen ESG-Regularien um, weil dies von den europäischen und deutschen Gesetzgebern vorgeschrieben ist*.
Viele befragte Unternehmen haben Nachhaltigkeitsaspekte bereits in der Unternehmenssteuerung verankert. Bei 55 % erfolgt dies durch eine Einbindung in die Unternehmensziele. Bei 53 % der Unternehmen sind Nachhaltigkeitskriterien in den Zielen der Geschäftsführung bzw. des Vorstands eingebunden, deren Erreichung im Rahmen des Performance Managements evaluiert wird. Bei den Top Managern ist dies nur bei 26 % der Unternehmen der Fall. Bei 11 % hingegen sind Nachhaltigkeitsaspekte derzeit nicht Bestandteil der Unternehmenssteuerung. Knapp zwei Drittel (63 %) nutzen zur konkreten Durchsetzung interne Richtlinien, die z.B. bestimmte Standards für Produktion, Einkauf, Entwicklung, etc. festlegen.
Das „E“ in ESG wird dabei großgeschrieben: So streben 54 % der Unternehmen an, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, 29 % wollen spätestens bis 2040 vollständig klimaneutral arbeiten. Im Bereich Soziales stehen eine stärkere Fokussierung auf Mitarbeiterbelange (29 %) und Diversity (25 %) an erster Stelle. Das Thema Compliance wird von 29 % genannt, wenn sie nach den Zielen verantwortungsvoller Unternehmensführung gefragt werden.
Verankerung von Nachhaltigkeitszielen in der Vergütung
Dass sich nachhaltiges Handeln ökonomisch auszahlt, ist durch eine Reihe von Studien belegt. Unternehmen, die umfassende ESG-Richtlinien umsetzen, sind nachweislich erfolgreicher als vergleichbare Firmen ohne solche Standards. Institutionelle Investoren, Stimmrechtsberater und Ratingagenturen richten ihre Anlageentscheidungen oder -empfehlungen zunehmend an ESG-Kriterien aus.
„Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Differenzierungsmerkmal für Anleger und Kund:innen. Zudem erhöht es die Attraktivität eines Unternehmens gegenüber bestehenden und potenziellen neuen Mitarbeitenden“, erklärt Birgit Horak. „Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, ESG-Ziele auch in der Vergütung von Geschäftsführungen und Vorständen zu verankern, vor allem in Form von Long Term Incentives.“ In dieser Hinsicht gibt es allerdings noch Nachholbedarf, denn nur für weniger als die Hälfte der Studienteilnehmenden (47 %) sind Nachhaltigkeitskriterien bei der Bemessung der Geschäftsführungs- /Vorstandsvergütung relevant, für mehr als ein Drittel (37 %) hingegen überhaupt nicht.
Bei der Verankerung setzen 44 % auf variable Vergütungskomponenten – 26 % nutzen hierbei Short Term Incentives, während nur 18 % auf sinnvollere Long Term Incentives setzen. Bei den übrigen drei Prozent ist das Jahresgrundgehalt betroffen. Dabei ist zu beachten, dass der Großteil (60 %) aller Unternehmen, die zur Bemessung Nachhaltigkeitskriterien heranziehen, bei einem Verstoß keine Malus-Regelung zur (rückwirkenden) Minderung der Vergütung nutzen.
Es gibt also noch einiges zu tun. Die gute Nachricht: Die Instrumente, mit denen sich geeignete Vergütungsstrukturen realisieren lassen, sind alle vorhanden.
An der Lurse Studie beteiligten sich 38 deutsche Mittelstands- und Großunternehmen der unterschiedlichsten Branchen. Davon haben 50 % mehr als 5.000 Beschäftigte, 45 % erzielen einen Jahresumsatz von über 1 Mrd. Euro.
*So müssen fast alle befragten Unternehmen beispielsweise bereits jährlich einen Lagebericht mit Informationen zur Nachhaltigkeit des Unternehmens herausgeben, da dieser im Rahmen der gesetzlich verankerten Corporate-Social-Responsibility-Richtlinie für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mehr als 40 Mio. Euro verpflichtend ist. Zukünftig betrifft diese Berichtspflicht auch kleinere Unternehmen: Im April 2021 hat die EU-Kommission weitreichende Änderungen bezüglich der Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgeschlagen, die bis Ende 2022 in nationales Recht umgewandelt werden sollen, mit der wesentlichen Neuerung der Berichtspflicht für alle Unternehmen mit einer Belegschaftsgröße ab 250 Mitarbeitenden. Gelten soll dies dann ab 2024, es betrifft also bereits die Berichtsperiode 2023.
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