Potsdam (ots) –
Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr hat eine neue Bevölkerungsbefragung veröffentlicht. In der repräsentativen Umfrage wurden letzten Sommer über 2.200 Bürgerinnen und Bürger befragt. Die Wahrnehmung von Russland als Bedrohung bleibt hoch, wie die Unterstützung für die Bundeswehr und einen möglichen Wehrdienst.
Bürgerinnen und Bürger für NATO und Stärkung der Bundeswehr
Nach dem starken Einbruch 2022 hat sich das Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger insgesamt leicht verbessert. Das Bedrohungsgefühl durch Krieg in Europa ist deutlich zurückgegangen (34 Prozent; -11 Prozentpunkte), aber die Sorge vor Spannungen zwischen dem Westen und Russland (55 Prozent) bleibt groß. Russland wird weiterhin von einer großen Mehrheit als Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands wahrgenommen. Die Einstellung zur militärischen Unterstützung der Ukraine ist überwiegend positiv, aber auch mit Bedenken verbunden. Die personelle und finanzielle Stärkung der Bundeswehr stößt in allen soziodemografischen Gruppen und Wählergruppen auf ein mehrheitlich positives Echo. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der große öffentliche Zuspruch zur Ertüchtigung der Bundeswehr kaum verändert. Die überwiegend positive Einstellung der Bürgerinnen und Bürger zur NATO und zu den konkreten Missionen zur Sicherung der NATO-Ostflanke ist im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen. Am vergleichsweise kritischsten ist die Einstellung zur Verteidigung der NATO-Ostflanke unter Befragten mit einer Wahlpräferenz für die AfD und die Linke sowie bei Befragten in Ostdeutschland. Die Einstellung zur Bündnisverteidigung hängt stark von der Wahrnehmung Russlands als Sicherheitsbedrohung ab.
Zustimmung: Wehrpflicht und Bundeswehr
Noch mehr Befragte als im Vorjahr sind aktuell davon überzeugt, dass die Einführung eines Wehrdienstes notwendig ist (52 Prozent Zustimmung; +2 Prozentpunkte), und erhoffen sich von einem Wehrdienst positive Auswirkungen auf die Bundeswehr und deren Beziehung zur Gesellschaft. Auch in der Gruppe der 16-29-Jährigen überwiegt eine positive Einstellung zu einem Wehrdienst. Im Falle eines militärischen Angriffs wären 39 Prozent (-2 Prozentpunkte) der Befragten bereit, Deutschland mit der Waffe zu verteidigen. In der Altersgruppe der 16-29-Jährigen sind 52 Prozent der Männer und 17 Prozent der Frauen zur Verteidigung mit der Waffe bereit. Die seit Jahrzehnten positive Einstellung der Bürgerinnen und Bürger zur Bundeswehr erreicht im Jahr 2023 einen historischen Höchstwert: Annähernd neun von zehn Befragten stehen der Bundeswehr positiv gegenüber (86 Prozent). Die Bundeswehr wird im Vergleich zum Vorjahr häufiger öffentlich wahrgenommen und der dabei entstandene Eindruck hat sich nochmals leicht verbessert.
Internationale Kooperation: Einsätze und Missionen
Die Missionen an der NATO-Ostflanke erfahren im Durchschnitt mehr öffentliche Zustimmung als die Auslandseinsätze im Bereich des internationalen Krisenmanagements. Der durchschnittliche Kenntnisstand zu allen Einsätzen der Bundeswehr im Ausland hat sich nur geringfügig verbessert und bleibt insgesamt auf einem eher niedrigen Niveau. 54 Prozent der Befragten sprechen sich für eine aktive deutsche Außenpolitik aus. Dabei besteht eine relative Präferenz für den Einsatz nichtmilitärischer Mittel. Allerdings werden auch Ausbildungs- und Stabilisierungseinsätze der Bundeswehr mehrheitlich als außenpolitische Mittel befürwortet. Die USA werden von einer unverändert klaren Mehrheit der Befragten als verlässlicher (Bündnis-)Partner wahrgenommen, während die öffentliche Wahrnehmung Chinas ambivalent bleibt. In der deutschen Bevölkerung besteht weiterhin ein insgesamt positives Meinungsbild zur Verteidigungskooperation im Rahmen der Europäischen Union, die als Beitrag zur Stärkung der europäischen Säule der NATO verstanden wird. So plädieren 61 Prozent der Befragten für eine stärkere Kooperation zwischen der EU und der NATO in der Verteidigungspolitik.
Autor und Methodologie
Dr. Timo Graf ist Leiter der jährlichen Bevölkerungsbefragung des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) und Autor des Forschungsberichts. Graf forscht zur öffentlichen Meinung über Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zu den zivil-militärischen Beziehungen in Deutschland. Die Erarbeitung des Studienkonzepts und des Fragebogens der Bevölkerungsbefragung erfolgten ebenso am ZMSBw wie die Auswertung der erhobenen Daten. Die Datenerhebung wurde von einem professionellen Befragungsinstitut im Zeitraum vom 19. Juni bis 23. Juli 2023 durchgeführt. 2.211 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger wurden in computer-gestützten persönlichen Interviews (CAPI) in ihren Haushalten befragt. Die Interviews dauerten im Mittel 57 Minuten und die Ausschöpfungsquote lag bei 53 Prozent. Die Teilnahme an der Befragung erfolgte freiwillig, anonym und ohne Vergütung. Die gezogene Stichprobe ist repräsentativ für die deutschsprachige und in Privathaushalten lebende Bevölkerung ab 16 Jahren. Weitere Ausführungen zur Methodologie der ZMSBw-Bevölkerungsbefragung finden Sie im Forschungsbericht.
Link:
Bevölkerungsbefragung 2023: Was bleibt von der Zeitenwende in den Köpfen? (https://zms.bundeswehr.de/de/bevoelkerunsgbefragung-zeitenwende-in-den-koepfen-5730686)
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Quelle: ots