Dortmund (ots) –
Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Dienstag vorgestellten Eckpunkte für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz werden vom Verwaltungsrat der AOK NordWest in Teilen scharf kritisiert. „Eine solide Gesundheitspolitik mit einer nachhaltigen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sieht anders aus. Die Vorhaben der Ampelkoalition belasten wieder einmal vor allem die Beitragszahlenden, die zum wiederholten Mal die Zeche für eine verfehlte Gesundheitspolitik bezahlen müssen“, sagt Lutz Schäffer, alternierender Verwaltungsratsvorsitzender und Versichertenvertreter der AOK NordWest. Auf der heutigen Sitzung des AOK-Verwaltungsrats in Dortmund forderte das Gremium die Regierung auf, die Pläne umgehend nachzubessern und endlich mutig die Weichen für dauerhaft stabile Kassenfinanzen und dringend erforderliche Strukturreformen zu stellen.
Aus Sicht des AOK-Verwaltungsrats sind die vorgestellten Eckpunkte nicht für eine dauerhaft gesicherte Finanzperspektive der GKV geeignet. Die für das nächste Jahr prognostizierte Finanzlücke in Höhe von 17 Milliarden Euro soll nach den Plänen der Ampel vor allem durch eine Anhebung der Zusatzbeiträge von 0,3 Prozent erfolgen. Weiter geplant ist, dass der Gesundheitsfonds ein kurzfristiges Darlehen für 2023 von einer Milliarde Euro aufnehmen soll, das bis 2026 wieder zurückgezahlt werden muss. Darüber hinaus sollen die Finanzreserven der Krankenkassen und die Rücklagen des Gesundheitsfonds weiter abgeschöpft werden. „All diese Maßnahmen müssen allein von den Beitragszahlenden geschultert werden. Damit werden jedoch die erheblichen Finanzierungsprobleme der GKV nicht gelöst, sondern nur verschoben“, so Schäffer.
Enttäuschend für den Verwaltungsrat der AOK NordWest ist, dass überfällige Reformmaßnahmen, die bereits im Koalitionsvertrag vereinbart sind, nicht realisiert werden. Dazu gehören die höheren Beiträge des Bundes für Arbeitslosengeld II-Beziehende. „Allein durch kostendeckende Beiträge für ALG II-Beziehende könnte die GKV rund zehn Milliarden Euro Mehreinnahmen pro Jahr verbuchen. Hier muss die Politik dringend nachbessern und zu ihrem Versprechen im Koalitionsvertrag stehen. Die Beitragszahlenden müssen von diesen versicherungsfremden Lasten endlich dauerhaft befreit werden“, sagt Johannes Heß, alternierender AOK-Verwaltungsratsvorsitzender und Arbeitgebervertreter.
Doch das allein wird aus Sicht des AOK-Verwaltungsrats nicht für eine dauerhaft stabile GKV-Finanzen reichen. „Die Politik ist außerdem gefordert, die geplanten und dringend notwendigen Strukturreformen im Gesundheitswesen kraftvoll voranzubringen. Wir denken hier vor allem an eine zukunftsorientierte Krankenhauslandschaft und Notfallversorgung sowie den Einstieg in eine sektorenübergreifende Versorgungsgestaltung“, sagt Schäffer. Mit den von der Regierung angekündigten Einsparungen im Arzneimittelbereich durch die Reform des Arzneimittelneuordnungsgesetzes (AMNOG) wird zumindest ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan, weitere müssen jedoch rasch folgen. „Durch vorausschauendes und entschlossenes Handeln ließen sich jetzt die Weichen für ein qualitativ besseres und effizienteres Gesundheitswesen stellen“, so Schäffer.
Negatives AOK-Rechnungsergebnis für 2021
Hintergrund für die erhebliche finanzielle Schieflage in der GKV ist vor allem die kostenintensive Gesetzgebung der vergangenen Jahre, die nunmehr außer Kontrolle geraten ist. Hinzu kommt, dass infolge der Pandemie zeitweise auch noch die Einnahmen stagnierten, weil die Beschäftigung nicht mehr so stark wie in den Jahren davor zunahm. Vor diesem Hintergrund hatte der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die GKV per Gesetz gezwungen, für 2021 ihre Finanzreserven bis auf ein Minimum herunterzufahren. „Durch diesen staatlich verordneten Griff in das Vermögen der Krankenkassen wurden vor allem jene Kassen wie die AOK NordWest bestraft, die stets auf eine solide und vorausschauende Finanzpolitik gesetzt haben“, so Heß. Dieser Fehler soll sich jetzt nach den Plänen der Ampel wiederholen und nunmehr auch die letzten Rücklagen der Krankenkassen aufgezehrt werden. Allein der AOK NordWest wurden dadurch im vergangenen Jahr 414 Millionen Euro aus der Rücklage direkt entzogen und an den Gesundheitsfonds abgeführt. Als logische Konsequenz musste die AOK NordWest, wie viele andere Krankenkassen auch, das Haushaltsjahr 2021 mit einem negativen Finanzergebnis in Höhe von 479,6 Millionen Euro abschließen, wie heute der AOK-Verwaltungsrat bei Abnahme der Jahresrechnung 2021 feststellte.
Positive Mitgliederentwicklung: 56.000 neue Mitglieder
Trotz der von der Politik verursachten Finanzkrise in der GKV bleibt die AOK NordWest weiter auf Wachstumskurs: Mehr als 56.000 neue Mitglieder entschieden sich im letzten Jahr für die größte gesetzliche Krankenkasse in Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein. AOK-Vorstandsvorsitzender Tom Ackermann kündigte an, dass die AOK NordWest auch künftig ihren Versicherten ein attraktives Preis-Leistungsverhältnis mit vielen Zusatzleistungen und exklusiven Mehrleistungen innerhalb des 500 Euro-Gesundheitsbudgets, einen kundennahen Service und innovative Versorgungsformen biete. „Außerdem werden wir unsere digitalen Kommunikationskanäle weiter ausbauen und moderne Lösungen für eine schnelle und mobile Kommunikation schaffen“, so Ackermann.
Leistungsausgaben in 2021 erneut gestiegen
Insgesamt sind die Leistungsausgaben der AOK NordWest im Jahr 2021 je Versicherten um 5,13 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der größte Ausgabenblock bleibt die Krankenhausbehandlung mit rund 3,91 Milliarden Euro. Dahinter folgen Ausgaben für Arzneimittel mit 1,75 Milliarden Euro sowie die ambulante ärztliche Behandlung in Höhe von 1,62 Milliarden Euro. Das Haushaltsvolumen der AOK NordWest betrug in 2021 rund 11,7 Milliarden Euro.
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