Berlin (ots) –
Ein Arbeiter aus einem englischen Hühnermastbetrieb hat brisantes Videomaterial (https://www.lidl-fleischskandal.de/) an Tierschutzorganisationen geleakt. Die Aufnahmen zeigen unter anderem, wie zahlreiche Hühner mit Gabelstaplern überfahren und schwer verletzt liegen gelassen werden. Arbeiter geben vor versteckter Kamera zu, dass das eben „Teil der Arbeit“ sei. Die Tiere sind zudem schwer gezeichnet durch Überzüchtung und miserable Haltung. Die dort gehaltenen Hühner landeten unter der Lidl-Eigenmarke „Birchwood“ im britischen Handel. Die Organisation Open Cages hat Strafanzeige erstattet.
Tom Herok, von dem die Aufnahmen stammen, lehrt Philosophie an der Universität von Lancaster. In einem Video erklärt er, dass er im vergangenen Jahr fünf Monate lang in der britischen Hühnerindustrie beschäftigt war, um das Wohlergehen der schnell wachsenden „Frankenchickens“ zu untersuchen. Herok erzählt, dass die Arbeit in dem Mastbetrieb „eine der schlimmsten Erfahrungen“ seines Lebens war. „Die Menschen essen jeden Tag Hähnchen, aber die Einzelhändler verschweigen ihnen die Wahrheit.“
Der Mastbetrieb in der Grafschaft Lincolnshire, aus dem die Aufnahmen stammen, ist mit dem britischen Label „Red Tractor“ zertifiziert, das bessere Haltungsbedingungen verspricht.
Zusammen mit Aufnahmen aus Deutschland, Spanien, Italien und Österreich bestätigt das geleakte Material, dass Lidl ein europaweites, strukturelles Tierschutzproblem hat. Laboruntersuchungen von Lidl-Fleisch zeigen, dass diese Zustände eine Gesundheitsgefahr (https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/krankheitserreger-auf-lidl-fleisch)für Menschen sind.
Die Tierschutzorganisationen um Open Cages und die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt fordern Lidl auf, seine Tierschutzstandards mit der Europäischen Masthuhn-Initiative anzuheben.
Whistleblower dokumentiert alltägliche Tierquälerei
Whistleblower Tom Herok war zwischen Juli und September 2022 in dem Betrieb angestellt, in dem zwischen drei- und vierhunderttausend Tiere pro Mastdurchgang (ca. 6 Wochen) leben, verteilt auf zehn Ställe. Herok dokumentierte seine Beobachtungen mit einer versteckten Kamera.
– Er wurde bereits am ersten Arbeitstag gewarnt, dass er erleben werde, wie Hühner überfahren werden. Ein:e Kolleg:in erklärt, das gehöre halt dazu und könne nicht vermieden werden.
– Die Aufnahmen zeigen unter anderem ein Huhn mit gebrochenen Beinen, das sich wegzuschleppen versucht. Ein anderes liegt schwer verwundet und keuchend am Boden. Ein weiteres Huhn hat eine klaffende Wunde, die seine Organe freilegt.
– Mehrere Stapel toter Tiere sind zu sehen.
– Der Betriebsleiter bestätigt vor versteckter Kamera, dass der Mastbetrieb Lidl beliefert.
– Ein:e Arbeiter:in gibt zu, dass die schnell wachsenden Rassen an gebrochenen Beinen, Herzinfarkten, Erstickungsanfällen, Arthritis und Missbildungen leiden.
– Durch die hohe Fäkalienkonzentration im Stall erleiden sie zudem Ammoniakverbrennungen an den Füßen.
– Die Person erzählt, dass die Vögel sich unter den beengten Bedingungen in den Ställen „nicht wirklich gut bewegen können“, was die Gesundheitsprobleme verschlimmert.
Open Cages hat Strafanzeige gegen den Betrieb wegen möglicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und gegen die Verordnungen über das Wohlergehen von Nutztieren und das Wohlergehen von Tieren beim Transport erstattet.
Tierschutzorganisationen fordern ernstgemeinten Schritt von Lidl
Eine Koalition von mehr als 20 Tierschutzorganisationen aus elf europäischen Ländern prangert die Missstände in Hühnermastbetrieben, die im Auftrag von Lidl arbeiten, an. Mittlerweile liegt Beweismaterial aus fünf Ländern für Tierquälerei (https://www.lidl-fleischskandal.de/) vor. Neben leidenden, sterbenden und verwesenden Hühnern in allen Ställen zeigen die Aufnahmen u. a. wie ein Arbeiter in einen Stall uriniert (Deutschland), Arbeiter Küken unsachgemäß erschlagen (Spanien, Italien) oder wie Hühner mit dem Traktor überfahren werden (Österreich). Eine Laboruntersuchung zeigte zudem, dass von 51 Proben aus acht deutschen Lidl-Märkten 71 % mit antibiotikaresistenten Keimen belastet waren. Diese Erreger können sich unter den gezeigten Bedingungen vortrefflich vermehren.
Lidl versprach, die vermeintlichen Einzelfälle zu prüfen und beruft sich auf seine alten „Tierwohl“-Versprechen (ab 2026 30 % Frischfleisch aus Haltungsform-Stufe 3 und 4), die aus Sicht der Tierschutzorganisationen jedoch nicht weit genug gehen.
Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung: „Lidl will 2026 immer noch 70 % seines Fleischs aus garantiert tierquälerischer Massentierhaltung und Qualzucht verkaufen. Wie das aussieht, haben wir inzwischen in fünf Ländern dokumentiert. Im gleichen Zeitraum stellen Aldi und andere beim gesamten Hühnerfleischsortiment auf die Tierschutzstandards der Europäischen Masthuhn-Initiative um. Lidl versagt katastrophal beim Tierschutz.“
Eine Petition (https://albert-schweitzer-stiftung.de/lidl-fleischskandal), die Lidl auffordert, endlich zu handeln, haben europaweit bereits 382.000 Menschen unterzeichnet.
Die Europäische Masthuhn-Initiative
Lidls Konkurrenten Aldi, Bünting, Globus, Norma und Tegut haben sich der Europäischen Masthuhn-Initiative bereits angeschlossen und wollen zu 100 % auf die höheren Standards umsteigen. Rewe hat ebenfalls Bereitschaft signalisiert – wenn die anderen großen Supermärkte mitziehen. Lidl hat sich immerhin in Frankreich und in den Niederlanden angeschlossen, will aber im Rest Europas offenbar weiterhin Qualfleisch produzieren lassen und verkaufen.
Die Europäische Masthuhn-Initiative schreibt, anders als zum Beispiel die „Initiative Tierwohl“, gesündere Rassen vor – statt der schnell wachsenden „Frankenchickens“. Hinzu kommen Vorschriften für mehr Platz, Tageslicht und Beschäftigungsmöglichkeiten sowie für eine möglichst stressfreie Schlachtung. Die Kriterien der Initiative sind wissenschaftlich fundiert und werden von 37 europäischen Organisationen sowie rund 600 Unternehmen weltweit unterstützt.
Links
– Alle Undercover-Aufnahmen und die Laborergebnisse: www.lidl-fleischskandal.de
– Einen Link zu Videomaterial, Fotos und Hintergrundinformationen senden wir Ihnen gerne auf Anfrage zu.
Über die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt
Die Albert Schweitzer Stiftung setzt sich gegen Massentierhaltung und für die vegane Lebensweise ein. Dafür nutzt sie juristische Mittel und wirkt auf wichtige Akteure aus Wirtschaft und Politik ein, um Tierschutzstandards zu erhöhen, den Verbrauch von Tierprodukten zu reduzieren und das pflanzliche Lebensmittelangebot zu verbessern. Interessierten bietet sie fundierte Informationen und zeigt Alternativen auf. Mehr erfahren Sie auf https://albert-schweitzer-stiftung.de.
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Diana von Webel
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Quelle: ots